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Liebe Schachfreunde,

in Berlin haben wir keine Mauer gesehen – so viel ist sicher! Jedoch sind wir an den Brettern gegen eine unsichtbare Mauer gerannt, denn allzu viele Punkte haben wir nicht geholt.

Der Kampfverlauf vom Samstag (Match gegen Schachfreunde Berlin) ist kurz erzählt: Christian Schramm misslang die Eröffnung, und er fand sich alsbald in einem Endspiel mit Minusbauern wieder, das sein Gegner GM Krämer sicher zum Sieg führte. Die Partie von Robert Zysk wurde dagegen im Mittelspiel in unklarer Stellung Remis gegeben. Dramatischer verlief es bei Falk, der gegen einen glänzend präparierten GM Sprenger in einem Caro-Kann auf die schiefe Bahn geriet, und sich der taktischen Nadelstiche schlussendlich nicht mehr erwehren konnte. Da fiel es dann schon nicht mehr groß ins Gewicht, dass unser Käptn Markus ein Endspiel verlor, das vielleicht noch haltbar war. An Spitzenbrett stand Stefan B immer einen Tick besser, aber nie gut genug, um die Partie auch für sich zu entscheiden.

Somit bleiben drei Partien, die genauerer Betrachtung bedürfen.  Die von unserem „Bundesliga-Rückkehrer“ Christoph Eichler, der ernüchtert feststellen musste: „Nach ziemlich genau 20 Jahren darf ich wieder in der 1. Bundesliga antreten. Die Zeiten haben sich geändert und an Brett sieben reiche ich einem starken Großmeister die Hand.“ In der Tat ELO 2325 gegen ELO 2524 ist schon ziemlich krass. Doch trotz dieser erdrückenden Dominanz verkaufte Christoph seine Haut so teuer wie möglich, und musste sich erst in Zeitnot dem taktisch gut aufgelegten polnischen Großmeister strecken. 

Wie vollstreckte Schwarz hier? Natürlich mit 39...De5! und wegen der schwarzen Doppeldrohung auf b2 und g2 gab Weiß auf. Die komplette Partie hat Christoph im Chessbase-Format auf der Homepage kommentiert.

Eine nicht minder hübsche Schlussphase bot die Partie von Leon Mons gegen Piorun:

Weiß setzte hier elegant wie folgt fort: 29.Dh7+ Kf8 30.Dh8+ Lg8 31.Sh7+Kf7 32.Sxf6 Dxf6 33.Lf4! 1-0 Die Drohung Tc7 entscheidet.

Hier nun also das Endergebnis dieses einseitig verlaufenen Matches:

Schachfreunde Berlin      6 - 2 MSA Zugzwang             
 2 Melkumyan,Hrant        ½ : ½ Bromberger,Stefan       1
 3 Piorun,Kacper          1 : 0 Mons,Leon               3
 4 Vocaturo,Daniele       0 : 1 Hertneck,Gerald         4
 5 Kraemer,Martin         1 : 0 Schramm,Christian       5
 7 Dvirnyy,Daniyyl        ½ : ½ Zysk,Robert             6
 8 Sprenger,Jan Michael,D 1 : 0 Dr. Hoffmeyer,Falk      8
 9 Jakubowski,Krzysztof   1 : 0 Eichler,Christoph       9
13 Baldauf,Marco          1 : 0 Lammers,Markus         10

Doch halt – fehlt nicht noch eine Partie? Ja natürlich – die des Berichterstatters! Es war wahrlich eine denkwürdige Partie, die man nicht alle Tage spielt. 

(Der Wiedehopf beim Nachdenken)

Hertneck (2478) - Vocaturo (2599)

Stellung nach dem 39. Zug von Schwarz. Zuvor waren schon ein paar Mal die Züge wiederholt worden, und es sah so aus, als ob die Partie unspektakulär endet. Weiß kommt am Damenflügel nicht weiter, und Schwarz nicht am Königsflügel. Doch der letzte schwarze 39...Zug Sf6 (?) gibt Weiß die Chance zu einem positionellen Opfer:

40.Sxe5! Hopp oder topp – ich war das Herumgeschiebe und Abtasten der letzten 20 Züge leid. Das Ausrufezeichen steht hier also für den Mut, den Charakter der Stellung zu verändern, ohne vollwertigen Materialersatz zu haben. 40... dxe5 41.Lxe5 Tf7 42.Lc3!  Deckt den Bauern a5 und bereitet den Vorstoß e5 vor. Nun muss Schwarz unverzüglich Gegenspiel suchen, denn sonst wird er erdrückt. Zu meiner Überraschung folgte ziemlich schnell 42...Da8!? Unangenehmer war wohl 42...Sg4+ oder 42...Sxe4+ mit forciertem Remis laut Houdini. Der Punkt ist, dass nach  43.fxe4 f3 44.Lxf3 Dg4! folgt, wogegen nur noch das Gegengift 45.Dd1 hilft.  43.e5 Lxa5 Darauf hatte sich Schwarz verlassen – Tausch des lästigen Läufers auf c3 und Gegenspiel auf der a-Linie. Doch er hatte nicht mit dem Schlimmsten gerechnet:

44.Txa5! Taktisch wie positionell der richtige Zug. In dieser Stellung ist offensichtlich der Läufer stärker als der Turm, denn die lange Diagonale kann tödlich werden. Und außerdem deckt der Läufer das Einbruchsfeld auf a1 ab. 44...Txa5 45.e6! Dieser Vorstoß kostete mich einige Überwindung. Doch tatsächlich würde Weiß nach dem gierigen 45.exf6 De8! (einziger Zug!) sofort mit der Mattdrohung auf e3 konfrontiert. Nach dem Textzug droht Dg6 mit Mattdrohung auf f7. 45...Ta2+ 46.Kg1 Sfe4?  Wir hatten beide übersehen, dass nach dem Turmzug 46...Tg7 47.Lxf6 Da5! Schwarz zu Gegenspiel kommt, und Weiß über kurz oder lang mit 48.Lxg7+ Kxg7 49.Dxb7+ Remis forcieren muss. 47.Txh4! Was zählt Material, wenn man Matt setzen kann. Auf 47.fxe4 befürchtete ich Da3. 47...Tf2! Schwarz verteidigt sich optimal. Die Gegendrohung ist unangenehm, denn plötzlich steht Weiß auf Matt. Ehrlich gesagt, habe ich diesen Zug zu spät entdeckt, aber irgendwie lief an diesem Tag alles für mich und nicht gegen mich.

 

48.Th8+ Ke7 49.d6+! Ein Bild für Götter. Egal was Schwarz spielt, Weiß steht immer auf Gewinn. Der einzige Zug, mit dem Schwarz noch ein bisschen im Spiel bleibt, ist der Textzug. 49...Kxe6 50.Th6+ Kf5!? Ich hatte stattdessen 50...Tf6 51.Txf6+ Sxf6 52.Kxf2 erwartet, ebenfalls mit deutlichem Vorteil für Weiß. 51.fxe4+ Kg5 52.Kxf2 Kxh6 53.Dd3 b5

 

Der Pulverdampf hat sich verzogen und Weiß steht positionell auf Gewinn, denn die Freibauern sind auf Dauer zu stark. Er spielt einfach 54.Lc2 mit der Drohung e5. Tatsächlich gab Schwarz 10 Züge später (nach erbitterter Verteidigung) auf. Nach dieser denkwürdigen Partie gratulierte man mir von allen Seiten lebhaft! Und in der Schachpresse las ich gar, dass GM Hertneck seine alte Klasse aufblitzen ließ, siehe : Hertneck lässt alte Klasse aufblitzen

Doch nun zum Kampf am Sonntag gegen Tegel. Gegen diese typische Fahrstuhlmannschaft rechneten wir uns natürlich bessere Chancen aus als am Samstag. Doch auch hier sei verraten: das Endergebnis lautete nur 4:4, und war vielleicht war noch ein wenig Glück dabei, denn an einigen Brettern standen wir schlechter.

MSA Zugzwang              4 - 4 SK König Tegel           
 1 Bromberger,Stefan      1 : 0 Stern,Rene              1
 3 Mons,Leon              ½ : ½ Rabiega,Robert          2
 4 Hertneck,Gerald        ½ : ½ Richter,Michael         3
 5 Schramm,Christian      ½ : ½ Moreno Tejera,Emilio    4
 6 Zysk,Robert            ½ : ½ Muse,Mladen             5
 8 Dr. Hoffmeyer,Falk     ½ : ½ Bruedigam,Martin        6
 9 Eichler,Christoph      0 : 1 Fruebing,Stefan         7
10 Lammers,Markus         ½ : ½ Muse,Drazen             9

 

Die wohl beste und spannendste Partie war die von GM Bromberger gegen GM Stern. In folgender Stellung glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen:

Hier griff Weiß nicht etwa zum „Erwartungszug“ 13.Le3, sondern zum kreativen 13.Ld2!?. Nachdem ich eine Weile verständnislos auf die Stellung gestarrt hatte, fiel mir auf, dass auf 13...e4 wohl 14.Lb4 geplant war, und nun kann sich Schwarz schlecht auf f3 bedienen, weil dann der Springer e7 durchhängt. Es folgte aber 14...Lxb2 15.Tb1 Lg7 und Schwarz stand wohl bereits besser, denn es liegt auch noch der Stützungszug f5 in der Luft. Die voll Partie ist im Chessbase-Format kommentiert unter  Rubrik Spielerkommentar R3/4

Ich möchte es mir an dieser Stelle ersparen, auf den weiteren Matchverlauf einzugehen, denn dieser Bericht ist schon lang genug geworden. Jedenfalls hat es nicht zu einem 4,5 Sieg gereicht – der bei einem Remis von Christoph in greifbarer Nähe gewesen wäre.

Ein Blick auf die Tabelle verrät, dass wir (nicht ganz überraschend) an vorletzter Stelle stehen Kreuztabelle 1.BL 2016/2017(GodesbergerSK) und auch schon relativ viele Eier gelegt haben MSA Zugzwang Mannschaftsstatistik(GodesbergerSK).

Warten wir also ab, ob es bei der nächsten Runde in Mülheim besser läuft. Ach ja, ich vergaß beinahe, es regnete Polo-Shirts. Hier noch ein Mannschaftsphoto in einheitlichem Outfit:

V.l.n.r.: IM Mons, GM Bromberger, FM Eichler, FM Hoffmeyer, FM Schramm, GM Hertneck (Ex-Käptn), IM Lammers (Käptn).

Wer den Aufdruck aus der Entfernung nicht lesen kann: auf den Shirts steht geschrieben: Krulich Immobilien – immer einen Zug voraus!

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