Die Schach-WM 2013 ist Geschichte. Nicht vollständig unerwartet ist Magnus Carlsen 16. Weltmeister (gemäß der mittlerweile anerkannten Zählung).

Eine sehr ausführliche Zusammenfassung von Links zum Thema findet sich hier.

Diese Flut von Links kann kaum jemand abarbeiten, persönlich finde ich drei aktuelle Artikel interessant, die ich vorstellen möchte:

Der vielfach kommentierte „Brandbrief“ von Dr. Robert von Weizsäcker

 

Ein Beitrag von Johannes Fischer

 

Und last not least ein Artikel von Helmut Krausser (Richtig: Der Schriftsteller, nicht ganz unumstrittene Persönlichkeit und ehedem Brett 1 von Germering) in „Die Welt“: Carlsen macht Schachanfängern Mut

 

 

Nun soll dieser Beitrag zur Website keine reine Linksammlung sein. Ich wage es also, als Kleinmeister (der von Turnier zu Turnier immer kleiner wird) dennoch eine eigene Einschätzung abzugeben: Wenn auch weniger zum Geschehen am Brett.

Für mich wäre das Ergebnis in dieser Höhe eine Überraschung gewesen, wenn, ja wenn nicht…

Doch eins nach dem anderen: Im Rahmen des OIS führte ich ein Gespräch mit einem jungen Schachfreund, der der Meinung war, Carlsen würde Anand vernichten.

Ex post betrachtet hat er recht behalten.

Ich suchte damals einzuschränken, dass es Carlsen noch an Zweikampferfahrung fehlt (mit wem arbeite ich wie zusammen – was gilt es außerhalb des Brettes zu beachten…).

Offenbar hat Magnus der Schreckliche zwar nicht alles gewusst, aber genug Hilfe angefordert und angenommen.

Dazu kommt, dass es für Anand ganz sicher kein Vorteil war, in seiner Heimatstadt zu spielen: Das öffentliche Interesse stört ihn eher, bei seinem bisher einzigen Wettkampf in Indien hat er ebenfalls verloren (1994 in Sanghi Nagar gegen Gata Kamsky).

Irgendwer hat auch bemerkt (den Link habe ich leider verlegt), dass es für Anand am Besten gewesen wäre, in Norwegen (vielleicht direkt in Tromsö?!) zu spielen. Dann wäre es Carlsen, der den Druck gehabt hätte.

Ich persönlich glaube zwar, dass Carlsen damit gut zurecht gekommen wäre – nichtsdestoweniger bin ich der Meinung, ein neutraler Spielort (Sprich: Paris) wäre Anand entgegengekommen.

Und dann ist da noch die Tatsache, dass Visvanathan Anand im Laufe seines Lebens so ziemlich alles erreicht hat, was ein Schachspieler erreichen kann (inklusive finanzieller Sicherheit und Unabhängigkeit für den Rest seines Lebens).

Seit einem Jahr ist er zudem Vater – ich glaube, viele, viele Menschen können bestätigen, dass in so einer Lebenssituation irgendwann ein wenig der „Biss“ abgeht.

Vor langer Zeit habe ich einmal eine Karpow-Partie nachgespielt, die einem Beitrag beigestellt worden war, warum der Kerl in seiner Glanzzeit so selten verloren hat. Der damalige Weltmeister stand beständig unter Druck – weigerte sich zusammenzubrechen – und wickelte dann in ein Turmendspiel mit zwei Minusbauern ab. Dazu der Kommentator (aus dem Gedächtnis zitiert): „Nur wenige Spieler würden es wagen, sich auf diese Konstellation einzulassen – auch viele Großmeister nicht. Diese Stellung bietet zahlreiche Möglichkeiten, fehlzugreifen. Doch Karpow kommt scheinbar mühelos zum Unentschieden. Dafür ist man eben Weltmeister!“

Tatsächlich glaube ich, dass ein Karpow zwischen 1975 und 1991 weder das Endspiel der fünften noch der sechsten Partie verloren hätte.

Und umgekehrt hat er oftmals volle Punkte gemacht in Partien, in denen er zwischenzeitlich am Abgrund stand.

Carlsen nun wird vorgeworfen, er habe von vornherein auf diese langen Partien spekuliert.

Aber: Warum auch nicht?

1. Braucht ein jeder Spieler eine Matchstrategie. Und auf eine relativ kurze Distanz (im Vergleich zu früher) und wenn es um soviel geht, erst recht.

2. Egal ob Bewegungs- oder Geisteswettkampf – gleich ob Einzel- oder Mannschaftskampf: Erfolg lässt sich nur herbeiführen, wenn man(n) / frau das tut, was er / sie / das Team am Besten kann. So ist Spanien nicht nur amtierender Fußball-, sondern (weniger bekannt) auch Handballweltmeister geworden.

Es macht wenig Taug, den Qualitätsopfern eines Veselin Topalov nachzutrauern. Carlsen ist nicht Topalov, er ist nicht Kasparow, er ist nicht Fischer. Er hat das gespielt, was er am kann und hat obsiegt.

Und wer weiß? Topalov ist beim Kandidatenturnier dabei: Ich wäre zutiefst beglückt, wenn er sich dabei für die WM 2014 (Wohl wahr: In weniger als einem Jahr ist bereits der nächste Zweikampf!) qualifizieren würde.

Dann würden wir gewisslich ein anderes Schach sehen – und vielleicht nicht nur von dem Bulgaren: Denn dass der Norweger auch was anderes kann, als auf Fehler vom Gegner zu hoffen, beschreibt – wie schon oben verlinkt – Johannes Fischer.

Soviel zum Thema abgelaufene WM. Die „Einzig wahre Weisheit“ gefunden zu haben, behaupte ich mitnichten und akzeptiere jedes eigene Meinung. Wer mir konkret und zu meinen Ohren widersprechen will, darf das – da ich selten am Vereinsabend zugegegen bin – auch via E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. tun.

Martin Erik

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