Liebe Schachfreunde, Ende Januar war es wieder mal so weit. Eine Bundesligarunde stand an, und zwar diesmal bei unserem Reisepartner Nickelhütte Aue im Osten von Sachsen, der (ehemaligen) Bergarbeiterstadt. Hier ein historisches Photo: |
Ist möglicherweise ein Bild von Schloss
Die Bergarbeiterromatik war auch direkt in der Nähe unseres Hotels zu bewundern, wo eine Lore ausgestellt war.
Schon am Anreisetag am Freitag stellten sich den Münchnern (anders als den Wienern, die vorsorglich mit dem Auto fuhren) massive Probleme, da die Bahn wieder einmal mit Verspätung glänzte. Als wir endlich im Hotel waren, ließen wir das Taxi gleich warten, um weiter zum Spielsaal, der Aula einer Schule, zu fahren. Der übrigens sehr groß und geräumig war, wie das folgende Photo zeigt.
Im Bild: GM Stefan Bromberger und IM Robert Zysk.
Am Freitag mussten wir die Heimrunde gegen Nickelhütte Aue nachholen, die eigentlich für Oktober angesetzt worden war, die ich aber nach hinten verschoben hatte. Unser banger Gedanke lautete: würde es uns trotz strapaziöser Anreise gelingen, die ausgeruhten Auer zu schlagen, noch dazu wo sie erstmals ihre drei ungarischen Großmeister einsetzten? Das Ergebnis des Matches übertraf dann unsere Erwartungen, denn ich hatte mit einem eher knappen Sieg gerechnet:
Die Besonderheit dieses Kampfes lag darin, dass fast jede Weißpartie gewonnen wurde, was wieder einmal bestätigt, dass der Anzugsvorteil ein kleines aber feines Plus darstellt.
Ein schöner Moment ergab sich in der Partie Spiess-Kjartansson:
Schwarz am Zug gewinnt. Lösung wird nicht verraten! Leider fand unser isländischer Großmeister die Lösung nicht am Brett.
Und auch hatte gegen FM Eichner eine spannende Stellung. Weiß hat einen Bauern mehr, aber Schwarz hat zuletzt Sg4 gespielt, mit Angriff auf den Bauern h2. Nachdem ich die Stellung in Ruhe betrachtete, spielte ich einen sehr starken Zug, der auch von Stockfish gelobt wird!
Wer hat die Lösung gefunden? Ungenau wäre das automatische g3?!, denn nach e5! erhält Schwarz Gegenspiel. Ich dachte erst an 1.h3!? Dh2+ 2.Kf1 Dh1+ 3.Ke2 und der weiße König steht sicher, Schwarz hat aber noch etwas Gegenspiel. Und hier kommt die Auflösung: der stärkste Zug war 1.Dxe7!! und nach 1...Dxh2+ 2.Kf1 hat Schwarz ein Problem mit dem Läufer auf b7. Trotzdem stellte ich mich in der Partie anscheinend nicht ganz so geschickt an, denn sie endete erste 30 Züge später mit einem weißen Sieg.
Am Samstag ging es dann gegen die Mannen vom SK Göggingen, eher ein unbequemer Gegner, auch wenn das Team zuletzt nicht in Bestaufstellung angetreten war. Um unsere Position auf dem Spitzenplatz der Tabelle zu halten, mussten wir auch hier gewinnen. Und siehe da, es gelang, wobei diesmal unsere beiden Spitzenbretter zu den Garanten des Sieges wurden!
Der Samstag Abend brachte dann noch das Highlight, dass wir beinahe hungrig ins Bett gegangen wären, weil alle Lokale in der Zechenstadt ausreserviert waren, doch dann hatt Dominik eine pfiffige Idee: er befragte das Orakel von Delphi, und erhielt die Antwort: huldigt Poseidon!
Am Sonntag folgte dann noch die zweite Mannschaft des FC Bayern, die mit vier Schach spielenden Doktoren mit Fug und Recht als Akademikerteam bezeichnet werden kann. Man mag sich die Frage stellen, weshalb dieses Match nicht in unserer Heimatstadt München hätte stattfinden können, aber so ist nun mal die Logik der Schachbundesliga, die beide Teams jeweils 350 Kilometer anreisen und auch wieder zurückreisen ließ! Die Bayern waren aber schlauer, denn sie reisten mit drei Autos an, wir dagegen mit der "Schneckenpost".
Jedenfalls waren wir auch hier hocherfreut, als wir gewohnt sicher unsere Punkte einsammelten, wobei es anfangs gar nicht danach aussah. Ich hatte noch dazu eine sehr schöne Stellung gegen IM Belezky, die ich aber leider nicht verwerten konnte.
Am Sonntag Nachmittag dann die nächste unschöne Überraschung: nachdem ich sieben Taxirufnummern erfolglos anwählte ("nein, am Sonntag fahren wir nicht", "nein, derzeit ist kein Wagen frei", "nein, wir fahren nur im benachbarten Bad Schlema"...) gingen wir zu Fuß zum Bahnhof, und verpassten unseren Zug um 5 Minuten. Danach mussten wir in der Kälte fast eine Stunde am Gleis warten!
Angesichts unserer vielen und auch oft lockeren Siege fragt man sich unwillkürlich, worin liegt eigentlich unsere Erfolgsgeheimnis in dieser Saison? ich denke, im guten Mannschaftsklima sowie in der kompakten Aufstellung. Und am wichtigsten natürlich: wir sind fast durchgehend mit Großmeistern besetzt.... und wir haben immer noch große Lust auf Schach!
Mit nur 10 Spielern haben wir bisher alle Wettkämpfe bestritten, und dabei gingen nur drei Partien verloren! Im Gegenzug konnten wir trotz starker Gegnerschaft ganz viele Partien gewinnen.
Zum Abschluss ein Blick auf die Tabelle:
Ganz knapp konnten wir unseren Spitzenplatz vor Hofheim behaupten (auch sie gewannen bisher alle Matches außer der direkten Begegnung). Allerdings gibt es ein hartes Ringen um den ersten Platz, den Hofheim liegt nur einen halben Brettpunkt hinter uns. Es ist stark davon auszugehen, dass erst die letzte Runde in Eppingen im März die Entscheidung bringt, denn dort spielen die vier Spitzenteams Zugzwang, Hofheim, Eppingen und Baden-Baden II gegeneinander. Da Eppingen einen Tick schwächer sein dürfte, vermuten wir mal, dass Zugzwang in der Schlußabrechnung auf dem ersten oder zweiten Platz landet.
Man beachte, dass nach den neuen Regeln nur der erste Platz den direkten Aufstieg in die 1. Liga sichert, während der Zweitplatzierte einen Stichkampf um den Aufstieg gegen den Zweiten der Nordliga spielen muss. Und dies wäre aktuell entweder Kiel oder die Schachfreunde Berlin.
Die nächste Runde steht dann endlich in München an, und zwar wie gewohnt an der Sportarena der Bayern LB, und zwar bereits am 22. und 23. Februar. Wir treten dann gegen Garching un den MSC 1836 an. Zuschauer sind wie immer herzlich willkommen.
Abschließend ist natürlich unserem langjährigen Sponsor Roman Krulich zu danken, denn nur mit seiner Unterstützung ist die nicht ganz billige zweite Liga finanzierbar.
Gerald Hertneck