Liebe Schachfreunde,
ich bin noch den Bericht vom letzten Bundesligawochenende gegen Pang Rosenheim schuldig. Um es gleich vorweg zu sagen: das Wochenende verlief nicht erfolgreich für die erste Mannschaft, denn wir mussten uns mit 3,5 zu 4,5 Punkten knapp geschlagen geben, und rutschten damit sogar auf den 7. Platz zurück. In meiner fast 40-jährigen Schachkarriere habe ich es noch nicht erlebt, dass eine Mannschaft an nur einem einzigen Wochenende von Platz 1 auf Platz 7 zurückgefallen ist !!!
Bester Spieler des Tages war zweifelsohne Erasmus, der in seinem geliebten Franzosen den jungen Berchtenbreiter in taktisch sehenswerter Art geradezu vernichtete! Gerne hätte ich diese Partie hier gezeigt, aber leider liegen die Partien Stand heute noch nicht vor, und ich werde sie dann nachliefern. Es war wirklich eine Spitzenpartie, wie so oft bei Erasmus (siehe Anhang)!
Auch wenn die beiden Stefans an Brett 1 und 2 über Remis nicht herauskamen, trug sich ein Wunder am dritten Brett zu: GM Hertneck gewann nämlich zum ersten Mal in dieser Saison, und zwar mit einer kleinen Kombination:
Hier ist der Anfang der Kombi nicht schwer: Schwarz spielt natürlich 1...Sxf2. Ich dachte auch an 1...d4, aber der Einschlag ist offensichtlich stärker - wenn er korrekt ist - und davon ging ich aus. Nach der erzwungenen Folge 2.Kxf2 Dxe3+ 3.Kf1 muss aber genau gespielt werden.
Ein grober Fehler wäre natürlich 3...Te6?? wegen 4.Dc3, und plötzlich steht Weiß besser! Alles andere als leicht ist aber die Entscheidung zwischen den Kandidatenzügen 3...Te5 und 3...d4. Ich schätzte die Angelegenheit pragmatisch wie folgt ab: der Bauer auf d4 unterbricht die lange schwarze Diagonale, verteidigt sich zugleich gegen Dc3 und droht auch noch 3...d3 nebst d2 mit weißer Agonie. Und der Springer im Eck braucht zu lange, um wieder ins Spiel zu kommen. So weit so gut, und tatächlich endete die Partie nach 3...d4 4.Sc7 Te5! 5.g4 d3 mit weißer Aufgabe, weil die schwarzen Drohungen übermächtig geworden waren. Weiß hätte sich aber mit 4.Sb6! stärker verteidigen können, weil nach 4...Te5 5.g4 d3 das Verteidigungsmotiv Sd7! ins Spiel kommt. Und auch nach 4...De2+ 5.Kg1 d3 6.Sc4 d2 7.Sxd2 Dxd2 8.Dc8+ Kg7 9.Dc3+ Dxc3 10.Txc3 kann Weiß trotz häßlicher Stellung das Turmendspiel wahrscheinlich noch Remis halten. Der beste Zug nach 4.Sb6 wäre somit 4...Te6! gewesen, und Schwarz hält noch etwas Vorteil.
Richtig war also tatsächlich das sofortige 3...Te5! mit folgenden Varianten:
a) 4.g4 h5! 5.Dc3 Df4+ 6.Kg1 d4! 7.g3 De4! und Schwarz gewinnt, weil Weiß die zahlreichen Drohungen nicht mehr bedienen kann.
b) 4.Dc8+ Te8! (natürlich nicht 4...Kg7?? 5.Dc3, und genau wegen dieser Variante habe ich übrigens Te5 verworfen) 5.Dc6 und nun spuckt Houdini erneut 5..h5! als Gewinnzug aus! Ich meine, all dies war am Brett nicht leicht zu sehen, und der schwarze Fehlgriff ist verzeihlich.
Zurück zum Kampfverlauf. Nachdem Bernie wieder mal sein Lieblingsergebnis produziert hatte (wer es errät, darf sich drei Punkte gutschreiben), hätte es für uns gut laufen können, denn nach Adam Riese lagen wir inklusive des einkalkulierten Siegs von Erasmus und dem Remis von Stefan K bei 3,5 Punkten. An dieser Stelle möchte ich Peer Steinbrück zitieren: "hätte, hätte, Fahrradkette"...
Denn tatsächlich passierte das Unglaubliche: wir gingen an den Brettern 5 bis 7 total unter, wobei der Grundstein zum Verlust in allen Fällen bereits im Mittelspiel gelegt war, und Markus, Falk und Daniel sich nur ein wenig dahinquälten. Wirklich schade, denn mit nur einem einzigen Remis wäre mehr drin gewesen.
Hier noch ein abschließender Blick auf die Tabelle:
Kreuztabelle nach der 8. Runde |
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# | Verein | Elo-Ø (Top 8) | Elo-Ø (real) | Elo +/- | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | Sp | MP | BP |
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1 | Nickelhütte Aue | 2465 | 2434 | +16.4 | 4½ | 4½ | 5 | 3½ | 5½ | 6 | 6½ | 7 | 12 - 2 | 35.5 | |||
2 | USV TU Dresden | 2547 | 2439 | +15.8 | 3½ | 2½ | 5½ | 5 | 6 | 6 | 8 | 7 | 10 - 4 | 36.5 | |||
3 | Erfurter SK | 2450 | 2412 | +19.3 | 3½ | 5½ | 5 | 6½ | 4½ | 5½ | 3½ | 7 | 10 - 4 | 34.0 | |||
4 | SC Forchheim | 2378 | 2345 | +29.0 | 3 | 2½ | 3 | 4½ | 4 | 5 | 5½ | 4½ | 8 | 9 - 7 | 32.0 | ||
5 | SG Pang Rosenheim | 2370 | 2321 | +41.1 | 1½ | 3½ | 4½ | 4½ | 5 | 4 | 5 | 7 | 9 - 5 | 28.0 | |||
6 | TSV Bindlach-Aktionär | 2413 | 2388 | -7.8 | 4½ | 3 | 3½ | 3½ | 3½ | 4½ | 4½ | 6 | 8 | 8 - 8 | 33.0 | ||
7 | MSA Zugzwang | 2379 | 2345 | +1.7 | 2½ | 4 | 3½ | 4½ | 4 | 4½ | 4½ | 7 | 8 - 6 | 27.5 | |||
8 | SC Garching | 2377 | 2341 | -18.6 | 2½ | 2 | 3 | 3 | 3½ | 4 | 6½ | 7 | 3 - 11 | 24.5 | |||
9 | SK König Plauen | 2414 | 2308 | -16.8 | 2 | 2 | 4½ | 2½ | 4 | 3½ | 3½ | 7 | 3 - 11 | 22.0 | |||
10 | SC NT Nürnberg | 2342 | 2301 | -80.1 | 1½ | 0 | 3½ | 3 | 2 | 3½ | 1½ | 7 | 0 - 14 | 15.0 |
Quelle: http://statistik.godesbergersk.de/statistik.pl?liga=1314_2blo&action=stat&id=0
Wie man sieht, öffnet sich ein tiefer Graben zwischen Platz 7 und Platz 8. Dass der Aufsteiger Noris Tarrasch Nürnberg gleich wieder abgestiegen ist, dürfte niemanden überraschen, unerfreulich ist aber aus Münchener Sicht der Abstieg vom SC Garching, denn das haben wir unseren sympathischen Schachfreunden aus dem Münchener Norden nun wirklich nicht gewünscht!
In der Schlußrunde in Bad Aibling geht es dann für uns ausgerechnet noch gegen die Spitzenreiter Aue und Dresden - mal sehen wir viel Pünktchen da zu holen sind... Bis dahin wünscht der Käptn geruhsame Feiertage!