Liebe Schachfreunde von Zugzwang, seit 40 Jahren spielt der Autor dieses Abschlussberichts in der Bundesliga, die meiste Zeit davon in der ersten Bundesliga, einige Jahre auch in der Zweiten. Ich dachte, ich hätte dort alles gesehen, aber ich habe mich geirrt. Denn in der zurückliegenden Saison habe ich gesehen, wie schwierig es auch für eine stark besetzte Mannschaft ist, sich dort zu halten. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Bundesliga die stärkste Schachliga der Welt ist, und nächstes Jahr mit dem Aufstieg des SK Düsseldorf wird sie sogar noch stärker! Dann werden fast alle der stärksten Spieler der Welt dort vertreten sein, und zwar entweder bei Baden-Baden, bei Viernheim oder bei Düsseldorf. |
Doch gehen wir einen Schritt zurück. Als wir vor etwa einem Jahr mit etwas Glück und viel Können Erster in der zweiten Bundesliga Ost wurden, haben wir uns auf die Liga sehr gefreut. Natürlich war uns klar, dass wir uns verstärken müssen, und genau das haben wir auch getan. Mit GM Eljanow stieß ein Weltklassespieler der Marke "2700" zu uns, mit IM Horvath aus Wien einer der stärksten österreichischen Spieler (inzwischen hat er alle GM-Normen erzielt und wartet auf die Ernennung zum Großmeister), und dann kam auch noch der isländische Großmeister Kjartansson dazu. So fühlten wir uns gut gerüstet für das Wagnis erste Bundesliga. Hätten wir in dieser Lage etwa den Aufstieg ablehnen sollen? Keineswegs! Wir machten uns doch gewisse Hoffnungen auf den Klassenerhalt, so hatten wir uns doch in Vor-Coronazeiten drei Jahre dort gehalten.
Doch wie bitter wurden wir enttäuscht! Schon in der ersten Runde, auswärts bei Koblenz, gegen die nicht ganz so starken Teams Remagen und Heimbach-Weis, fuhren wir nur mit einem mageren Mannschaftspunkt nach Hause. Sehr herb war dann auch in der dritten Runde in München das 4:4 gegen den Underdog HSK Lister Turm, wo wir auf einen sicheren Sieg gehofft hatten. Im Prinzip fragten wir uns schon nach der dritten oder vierten Runde, gegen den wir denn noch punkten sollten, denn die starken Mannschaften standen uns ja erst noch bevor! Um die Geschichte abzukürzen, uns gelang in 15 Runden nur vier mal ein Mannschaftsremis und alle anderen Kämpfe gingen verloren, zum Teil knapp, zum Teil deutlich. Damit hatten wir nun definitiv nicht gerechnet. Aber die Liga ist eben einfach von Jahr zu Jahr immer stärker geworden.
Hier der Blick auf die Abschlusstabelle, in der sich überraschend der SC Viernheim vor dem Rekordsieger OSG Baden-Baden platziert hat:
Man beachte: wir haben auf dem vorletzten Platz vier Punkte Abstand auf den drittletzten und weitere vier Punkte auf den Viertletzten. Das war schon eine deutliche Deklassierung. Dies lässt vermuten, dass sich bei uns schlechte Einzelergebnisse häuften, und diese Erkenntnis leitet über zur zweiten schmerzhaften Erkenntnis: viele von uns alten Schachhasen sind grau geworden, und nicht mehr in bester Form. Hier der Blick auf die Einzelergebnisse:
Ich möchte alle Spieler, die zum Einsatz kamen, mit ein oder zwei Sätzen würdigen und Ihnen auch dafür danken, dass sie trotz schlechter Ergebnisse nie den Mut aufgegeben haben, und zuletzt sogar zu der anstrengenden Runde in Kiel angereist sind - das waren von München über Berlin und Hamburg und zurück 1.500 Kilometer an einem Wochenende und eine Strapaze sondergleichen.
Pawel, unser erster Neuzugang hat als einziger Spieler der Mannschaft eine Saison hinter sich, mit der er vollauf zufrieden sein kann. Schade dass am Schluss noch eine Partie verloren ging. Dominik, unser zweiter Neuzugang, wird mit seinem Ergebnis nicht ganz zufrieden sein, aber Bundesliga ist eben hartes Brot. Ein Ausrutscher genügt, und die Partie ist weg. Ganz schlimm kam es bei David, dem früheren österreichischen Nationaltrainer der Männer und jetzigem der Frauen. Es war vor der Saison klar, dass man am zweiten Brett mit einer Elozahl von unter 2500 kein leichtes Leben haben würde, aber am Ende war es dann doch erstaunlich wie viele Partien bei ihm verloren gingen. Man zweifelt dann an sich selbst, und fragt sich, wie das sein kann! Ähnlich bei Valentin, der ebenfalls lernen musste, wie leicht man sich in der Bundesliga eine Niederlage einfängt, seine Partie gegen GM McShane war allerdings eine Perle. Stefan Bromberger spielte dagegen solide und sehr sicher, ihn hätte ich am liebsten in allen 15 Runden eingesetzt. Routinier Stefan Kindermann spielte anfangs schlecht, aber zum Ende hin sehr solide, wird aber mit dem Gesamtresultat nicht ganz zufrieden sein.
Unser dritter Neuzugang Gudmundur war der Held des Tages, als er gegen GM Dautov mit Schwarz gewann und zuvor den Rest der Partien remisierte, schade war nur, dass er die zweite Saisonhälfte nicht mehr spielen konnte, denn ich hätte ihn gerne eingesetzt. Der Käptn der Mannschaft legte mit 6 Nullen die längste Serie von Niederlagen hin, die er je hatte. Vielleicht war es die Doppelbelastung, vielleicht das Alter, vielleicht die mangelnde Fitness, oder eine Mischung aus allem, die zu diesem miserablen Ergebnis führte. Ähnlich bei Robert Zysk, ein gestandener IM mit ebenfalls 40-jähriger Bundesligaerfahrung, dem in dieser Saison so gut wie nichts gelang. Unser vierter Quasi-Neuzugang Arthur (er spielte in der Saison davor keine Partie) stieg fulminant mit einem Doppelsieg ein, und hätte beiahe eine IM-Norm erzielt, bis er in der Schlussrunde noch ein haltbares Endspiel verlor. Besonders erwähnen möchte ich Frank Zeller, der viele kreative Partien beisteuerte, und noch mehr rausholen konnte, vor allem in der Partie gegen GM Zelcic. Es ist immer eine Freude, ihn spielen zu sehen. Des weiteren sei den Ersatzspielern Alexander, Julian und Erasmus für ihre Einsätze gedankt. Sponsor Roman kam übrigens trotz Aufstellung nicht zum Einsatz, stand aber immer voll hinter dem Team, wie in allen Jahren zuvor, und dafür sind wir ihm zu großem Dank verbunden!
Es ist besser, nun den Blick nach vorn zu richten, und sich zu fragen wie es in der kommenden Saison weitergeht. Wir haben bereits für die zweite Bundesliga gemeldet, und treten damit in der neuen Südliga an. Ja, ab der kommenden Saison gibt es keine vierteilige Liga mehr, sondern nur noch eine zweiteilige. Hier steigen künftig der Sieger der Nordliga und der Erste der Südliga auf, während die Zweiplatzierten einen Stichkampf um den dritten Aufstiegsplatz austragen. Mal sehen, wie dieses Experiment ausgeht, die Zweiteilung führt auf jeden Fall zu weiteren Reisen, höheren Kosten und mehr Übernachtungen.
In den kommenden zwei Monaten, bis zur Wechselfrist am 30. Juni sind auch noch Spielerwechsel möglich, mal sehen, was hier auf uns zukommt. Wahrscheinlich wird sich die eine oder andere Verschiebung ergeben, aber im Großen und Ganzen möchten wir so zusammenbleiben wie bisher.
ich möchte abschließend dem Vorstand danken, dass er uns bei unserem Abenteuer "Erste Bundesliga" unterstützt hat, allen unseren Fans und natürlich vor allem unserem Sponsor Roman Krulich, ohne den der Antritt in der Spitzenklasse nicht mögich gewesen wäre. Die Saison war für den Käptn übriegns eine große Belastung, nicht nur wegen dem schlechten Ergebnis, sondern auch wegen der organisatorischen Anforderungen, und vor allem die Deutsche Bundesbahn mit ihren permanenten Ausfällen und Verspätungen trug viel dazu bei!
In diesem Sinne: auf ein besseres Neues in der Saison 2024/25, die übrigens erst so richtig im November beginnt, wenn man die Einzelrunde am 6. Oktober abrechnet!