Am vergangenen Freitag, 29.04., durfte ich mal wieder in der 3. aushelfen. Diesmal ging es zum SC Haar, der sein Spiellokal gut in einer Schule versteckt hatte. Wir fanden sie trotzdem und verpassten ihnen eine schnelle 7:1-Klatsche.
Naja, schön wär's. Ganz so einfach war es leider nicht.
Ich, Jason (w) versuchte mich an einer seltenen Eröffnung, dem Mittelgambit (e4 e5 d4 exd4 Dxd4). Schwarz sollte bei genauem Spiel mindestens Ausgleich erzielen, aber mein Gegner brachte die Zugfolge durcheinander, und ich stand bereits nach wenigen Zügen besser. Leider sah ich im Folgenden Gespenster und willigte einem schnellen Remis nach 11 Zügen ein. Mein Teammate Lukas aus der 2. zeigte auf, dass die Stellung eigentlich für Weiß gewonnen war... somit war ich als erstes fertig und wurde von Markus zum Schreiben dieses Spielberichts verdonnert: 0,5-0,5!
Als nächstes wurde unser Brett 8, Martin (s), fertig. Er holte sich schon früh in der Partie mehrere Bauern seines unerfahrenen Gegners ab, der das Damengambit etwas fragwürdig behandelt hatte. Es gab zwar etwas Gegenspiel, aber mit drei Mehrbauern ließ Martin nichts anbrennen und fand schließlich eine geschickte Abwicklung, nach der sein Gegner eine Qualität und somit auch die Partie aufgeben musste: 1,5-0,5!
Leider konnten unsere Kontrahenten bald ausgleichen. Julians (w) Gegner an 5 hatte, soweit ich das gesehen habe, mit der Pirc-Verteidigung eröffnet (e4 d6 d4 g6 Sc3 Sf6 usw.). Unser Mann spielte aggressiv mit f4 und gewann konsequenterweise Raum am Königsflügel, was ihm zumindest angenehmes Spiel gewährte. Auf einmal gewann Schwarz aber eine Figur – wie genau das vonstatten ging, habe ich nicht mitbekommen. Jedenfalls verlor Julian am Ende durch eine Springergabel auch noch die Dame – 1,5-1,5!
Stefan (s) an 4 spielte die Aljechin-Verteidigung (e4 Sf6 e5 Sd5). Sehr thematischerweise in dieser Eröffnung lockte er die weißen Zentralbauern weit nach vorne und infiltrierte dann mit seinen Figuren die offene weiße Stellung. So gewann er nacheinander die Initiative, einen Bauern und eine Figur, was den Gegner wenig überraschend zur Aufgabe bewegte. 2,5-1,5!
Markus (w) an 3 hatte sich gut auf seinen Gegner vorbereitet und spielte sein geliebtes Englisch. Das Spiel verwickelte sich schnell, da Schwarz eine Qualität gab, um Markus' Königsstellung zu öffnen. Dementsprechend verbrauchte unser Mann viel Bedenkzeit und war schon vor Zug 20 unter 5 Minuten. Trotzdem bewahrte er die Nerven und schaffte es, seinen Materialvorteil nach Hause zu bringen. 3,5-1,5!
Hier die Partie:
Schwarz hat gerade 9...f4 gespielt. Ich empfehle, die Varianten am Rechner nachzuspielen, da es sonst recht unübersichtlich wird.
10. gxf4 exf4 11. d4 Ba7
(Hier ging 11... fxe3 mit spielbarer Stellung für beide Seiten, zum Beispiel 12. dxc5 exf2+ 13. Kf1 Nxd5 14. Qxd5+ Kh8 15. cxd6 Qe8)
12. Nxf4 Ng4 13. h4(es droht 14...g5 und 14...Qh4)
13...Rxf4 (Schwarz will mit diesem Qualitätsopfer die weiße Königsstellung schwächen)
14. exf4 Bxd4 15. Bd5+ Kh8 16. Ne4 Bb6 17. Ng5 (sieht gut aus, ist aber nicht der beste Zug. 17. c5! dxc5 (17... Bxc5 18. Nxc5 dxc5 19. Bxc6 Qxd1+ 20. Kxd1 bxc6 21. Be3 mit Gewinnstellung)18. Bxc6 Qxd1+ 19. Kxd1 bxc6 20. f3 mit deutlichem Vorteil)
17... Nh6 [interessant sind folgende Varianten: 17... Qe7+ 18. Kf1 Nxf2 19. Qc2 mit Vorteil, der aber nicht leicht umzusetzen ist; 17... Qe8+ 18. Kd2! (18. Kf1 Nxf2 19. Qc2 Qh5! =) 18... Nh6 Kc3 mit Vorteil für W.(auf 18... Be3+ 19. Kc3 Anmerkung Markus:"{19.fxe3?? Qxe3 20.Kc2 Lf5 und Schwarz gewinnt Unmengen an Material mit Tempo zurück -+}" 20. Bd4+ 20. Kb3 mit Gewinnstellung)]
18. Be3 (auch möglich ist 18. Qd3 Qe7+ (18... Qe8+ 19. Be3 Bf5 20. Be4 +-) (18... Bf5 19. Qxf5 Nxf5 20. Nf7+ Kg8 21. Nxd8+ Kf8 22. Nxc6 bxc6 23. Bxc6 +-)19. Be3 Bf5 20. Be4 Bxe4 21. Nxe4 Bxe3 22. fxe3 Nf5 23. O-O-O mit gewinnbarer Stellung Re8)
18... Bf5 19. Qd2 (hier bot sich auch 19. Bxb6 an)
19... Qf6 [interessante Varianten ergeben sich nach 19... Qe7 20. O-O-O Bxe3 (20... Nb4 21. axb4 axb4 22. b3! +-) 21. fxe3 +- und 19... Qe8 20. O-O-O (auch 20. Kf1 gewinnt, z. B. a4 21. Bxb6 cxb6 22. Rg1 Qh5 23. Re1 Qxh4? 24. Rh1 Qg4 25. Rxh6 gxh6 26. Qc3+ Ne5 27. Rxe5 +-) 20... Nb4 21. axb4 axb4 22. Qe1 (auf keinen Fall 22. Qxb4 Qxe3+ 23. fxe3 Bxe3+ 24. Rd2 Ra1# oder 22. b3 Ra1+ 23. Kb2 Ra2+ 24. Kc1 Bxe3 25. fxe3 Qa8 mit Gewinn für Schwarz) 22... Qa4 23. Be4 Bxe4 24. Nxe4 +-]
20. Bxb6 cxb6 21. O-O-O b5 (21... Nb4 22. Be4 +-)
22. Bxc6 bxc6 23. Qxd6 bxc4 24. Qxf6 gxf6 25. Rd6 fxg5 26. Rxh6 gxf4 27. Re1 Bg6 28. Re7 Bd3 29. Rxc6 a4 30. Rf6 Kg8 31. Rxf4 +-
Die Haarer wollten sich nicht geschlagen geben. Es verlor nämlich Arnd (s) an 2. Von der Eröffnung bekam ich praktisch nichts mit, nur dass es wohl eine ruhige Nebenvariante des Grünfeldinders war. Weiß hatte Druck auf der b-Linie, da er mit seinem Läufer auf f4 das Feld b8 kontrollierte, und konnte in ein Endspiel mit zwei Türmen + Springer gegen zwei Türme + Läufer abwickeln, wobei der Läufer passiv stand und Bauern decken musste. Arnd konnte nicht verhindern, dass die weißen Türme sich auf der 7. Reihe einnisteten, und verlor durch eine Abwicklung von Weiß, der den Springer gegen den Läufer tauschte, seinen Bauern auf f7 mit Schach. Er hatte zwar etwas Gegenspiel, konnte aber letztlich nicht verhindern, dass sein Gegner ein Turmpaar tauschte und mit zwei verbundenen Freibauern verblieb. 3,5-2,5!
Unser Mannschaftsführer Nicolas (s) an 6 nahm das Morra-Gambit seines Gegners an und spekulierte auf seinen Mehrbauern. Mit Erfolg – er konnte eine weiße Expansion mit a2-a4 am Damenflügel unterbinden, indem er mit dem Bauern auf b5 vorbeizog und diesen mit Tempo bis nach b3 brachte, was dazu führte, dass die weiße Dame auf a1 eingesperrt wurde. Nicolas' Gegner konnte die Schwerfigur zwar befreien, wurde aber durch Damentausch in ein Endspiel gezwungen – nach wie vor mit einem Bauern weniger. Aktive Figuren und Freibauern von Schwarz führten zu weiteren Materialgewinnen, sodass der Mannschaftssieg gesichert war: 4,5-2,5!
Deswegen fiel die Niederlage von Jürgen (w) an 7 nicht weiter ins Gewicht. Sein Damengambit lief furchtbar schief und er verlor einen Bauern und hatte noch dazu mit einer schlechteren Struktur zu kämpfen. Im Endspiel mit zwei Türmen gingen weitere Bauern verloren, jegliche Gegenspielversuche wurden vom Gegner unterbunden. Im Endspiel mit zwei isolierten Freibauern und Turm, Jürgen hatte nur noch den Turm, tat sich der Haarer zwar schwer, brachte die Stellung aber letztlich doch nach Hause: 4,5-3,5!
Alles in allem ein spannender Mannschaftskampf, wenn auch in den meisten Partien die Tendenz zum letztlichen Ergebnis gut zu erahnen war.