Bundesliga-Nachlese: Christoph Eichler kommentiert

: Geschrieben von: Christian Wied; Veröffentlicht: 25. Februar 2017

Bundesliga-Nachlese: FM Christoph Eichler kommentiert seine Partien gegen GM Gennadij Fish (SV Werder Bremen) und IM Jonathan Carlstedt (Hamburger SK) in ausführlicher und verständlicher Form. Wir danken sehr herzlich!

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Wer gedacht hatte, zum Samstag gegen Werder Bremen und Sonntag gegen den Hamburger SK sei schon genügend gesagt, der irrt sich: Es fehlen natürlich noch ausführliche Partieanalysen. FM Christoph Eichler macht den Anfang mit seinen beiden Partien, die ihm eineinhalb Punkte gegen jeweils deutlich stärkere Gegner einbrachten. Herzlichen Glückwunsch auch von dieser Stelle!

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[Event "BL 2016-17"] [Site "Germany"] [Date "2017.02.18"] [Round "7"] [White "Fish, Gennadij"] [Black "Eichler, Christoph"] [Result "1/2-1/2"] [ECO "D53"] [WhiteElo "2465"] [BlackElo "2290"] [PlyCount "63"] [EventType "team-tourn"] [EventCountry "GER"] [WhiteTeam "Werder Bremen"] [BlackTeam "Zugzwang München"] 1. d4 d5 2. c4 e6 3. Nc3 Nf6 4. Bg5 (4. Nf3 c5 5. cxd5 Nxd5 6. e4 Nxc3 7. bxc3 cxd4 8. cxd4 Bb4+ 9. Bd2 Bxd2+ 10. Qxd2 O-O {[%csl Ga7,Gb7,Gd4,Ge4,Rg8] die Hauptvariante der verbesserten Tarrasch Verteidigung als Referenz für den Kommentar nach dem neunten Zug der Partie. Weiß verfügt über ein mächtiges Zentrum und Angriffschancen am Königsflügel, Schwarz hat die Majorität am Damenflügel und keine strukturellen Schwächen.}) 4... Be7 5. cxd5 {diese Version der Abtauschvariante ist weniger gefährlich, als jene einen Zug früher. Der Tausch der schwarzfeldrigen vereinfacht die Aufgabe des Nachziehenden.} Nxd5 6. Bxe7 Qxe7 7. Nf3 O-O 8. e4 (8. e3 {wäre (noch) solider, aber auch hier ist Schwarz dem Ausgleich nahe.}) 8... Nxc3 9. bxc3 c5 {Die Struktur entspricht jener der verbesserten Tarrasch Verteidigung - siehe Variante 4. Sf3. Die Umstände sind aber etwas günstiger für Schwarz: die Dame ist "kostenlos" nach e7 gelangt, während die weiße Dame auf d1 schlechter steht als auf d2.} 10. Qd2 b6 {wartet mit der Entwicklung des Spingers auf die Erklärung des weißen Läufers: geht dieser nach e2 oder c4 kann der Springer über d7-f6 den Druck auf e4 erhöhen, geht der Läufer nach d3...} 11. Bd3 Nc6 {... übt Schwarz Druck auf d4 aus.} 12. O-O cxd4 13. cxd4 Rd8 {der Druck auf das weiße Zentrum hindert Weiß daran, gefährliche Initiative zu entwickeln. Weiß hat keinerlei Eröffnungsvorteil erzielt und muss bereits aufpassen, nicht in Nachteil zu geraten.} 14. Bb5 Bb7 15. Rac1 Rac8 16. Bxc6 {als erfahrener Großmeister hat mein Gegner ein sicheres Gespür dafür, dass es an der Zeit ist, die "Notbremse" zu ziehen. Der Tausch des Läufers sieht wie ein erhebliches Zugeständis aus, ermöglicht Weiß aber sein Zentrum nachhaltig zu stabilisieren.} (16. Rfd1 {auf diesen schablonenhaften Turmzug hätte ich gegen einen schwächeren Gegner gehofft und dachte, nach...} Qb4 {spürbar in Vorteil zu kommen. Nach "normalen" Zügen, wäre dies auch der Fall. Der Computer findet aber noch eine Ausrede:} 17. Qd3 Nxd4 18. Rxc8 Nxf3+ 19. gxf3 Rxc8 20. Qd7 Rf8 21. Bf1 Bc8 22. Qxa7 $11) 16... Rxc6 17. Rxc6 Bxc6 18. Re1 {etwas zu passiv. Genauer war:} (18. Qe3 Bb7 19. Rc1 {und weiter wie in der Partie.}) 18... Qd6 {verpasst die Chance mittels } (18... Bb7 19. Qe3 Rc8 $15 {die weiße Aufgabe deutlich schwieriger als in der Partie zu gestalten.}) 19. Qe3 Bb7 20. Rc1 h6 21. h3 {in dieser Stellung hätte ich am liebsten ausgesetzt. Ich fand keinen Zug, der meine Stellung verbessert. Der Computer will dies mittels 21. ... a6 oder 21. ... f6 tun. Richtig überzeugend finde ich das aber auch nicht.} Kf8 {Wichtig ist, jedenfalls nicht mittels...} (21... Rc8 22. Rxc8+ Bxc8 {die Türme zu tauschen. Das spielt Weiß in die Hände: der mangelnde Druck auf d4 gibt Weiß freiere Hand, das Duo Springer+Dame ist gefährlicher als Läufer+Dame und der schwarze Turm fehlt als "Torwart".}) 22. Rc4 Kg8 23. h4 Bc6 24. Rc3 Bb7 25. h5 {etwas achtlos. Denn jetzt kann Schwarz aktiv spielen:} Qb4 {droht Db1+ nebst Dxe4 oder Dxa2} 26. Kh2 {mein Gegner gab nach der Partie zu, meinen nächsten Zug übersehen und anschließend etwas "Glück" gehabt zu haben.} (26. Rc1 Qb2 {und Weiß muss Probleme lösen.}) 26... Bxe4 27. Ne5 {das ursprünglich geplante...} (27. Rb3 $4 {gewinnt keine Figur, sondern verliert nach} Qd6+) 27... Qxd4 {etwas enttäuschend: Schwarz hat nichts besseres als das jetzt zwingend entstehende Turmendspiel. Alle Versuche am Material zu kleben sind gefährlich. Zum Beispiel:} (27... Bf5 28. Rc7 Qxd4 29. Qg3 {[%csl Rf7,Rg8] mit gefährlichem weißen Angriff für die beiden Bauern, der im Computer Schach zum Remis führt.}) (27... f6 28. Rc4 Qb1 29. Rc7 fxe5 30. Qg3 Bg6 31. hxg6 Qf5 32. Re7 exd4 33. Qc7 Qh5+ 34. Kg1 Qd1+) 28. Qxd4 Rxd4 29. Rc8+ Kh7 30. Nxf7 g6 31. Rc7 gxh5 {der weiße Bauer auf h5 ist zu gefährlich. Jetzt kann Weiß aber ins Remisendspiel abwickeln:} 32. Ng5+ (32. Ng5+ Kg6 33. Nxe4 Rxe4 34. Rxa7 Re2 35. f3 Rb2 36. Rb7 {und der doppelte h-Mehrbauer gibt Schwarz keine Siegchancen.}) 1/2-1/2

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[Event "BL 2016-17"] [Site "Germany"] [Date "2017.02.19"] [Round "8"] [White "Eichler, Christoph"] [Black "Carlstedt, Jonathan"] [Result "1-0"] [ECO "E19"] [WhiteElo "2290"] [BlackElo "2424"] [PlyCount "101"] [EventType "team-tourn"] [EventCountry "GER"] [WhiteTeam "Zugzwang München"] [BlackTeam "Hamburger SK"] 1. Nf3 Nf6 2. c4 e6 3. g3 {mit dieser Zugfolge wollte ich meinen Gegner via Katalanisch in die Tarrasch-Verteidigung "locken", über die er ein Buch veröffentlicht hat und der Ragozin Verteidigung nach...} (3. Nc3 d5 4. d4 Bb4 {ausweichen.}) {Dieses Vorhaben ging jedoch gründlich schief:} 3... a6 { Liebe Kinder, bitte weghören: dieser Zug ist (wegen der konkreten Zugfolge!) wesentlich besser, als er aussieht und voll spielbar. Sogar Ex-Weltmeister Karpov wählte diesen Zug bereits 1996 gegen Andersson. Ich hatte ihn noch nie gesehen und war daher ab sofort "auf mich" gestellt.} 4. Bg2 (4. Nc3 d5 { und wegen des Bauerns auf a6 droht Schwarz auf c4 zu nehmen und den Bauern mittels b7-b5 zu verteidigen. Weil Weiß sich bereits auf g2-g3 festgelegt hat, ist der Abtausch mit c4xd5 nicht wünschenswert.}) (4. d4 b5 {und wieder tut sich Weiß schwer, um Vorteil zu kämpfen.} 5. Bg2 bxc4) 4... b5 5. b3 { "frei schwimmend" wählte ich einen sicheren Aufbau.} Bb7 6. O-O Be7 7. Nc3 { zwingt Schwarz dazu, die Spannung am Damenflügel aufzulösen. Allerdings muss der weiße Springer auf unabsehbare Zeit auf a4 Platz nehmen.} b4 8. Na4 d6 9. Bb2 Nbd7 10. d3 c5 11. e4 Qc7 12. Qe2 O-O (12... e5 {verhindert zwar e4-e5, zwingt Schwarz aber nach} 13. Nh4 {zu} g6 {wonach} 14. f4 {etwas unangenehm ist. Aus diesem Grund verwarf mein Gegner diese Variante.}) 13. e5 {die folgende Vereinfachung ist günstig für den Anziehenden. Es war wichtig zu agieren, weil der Springer auf a4 sonst allmählich zur Angriffsmarke geworden wäre.} dxe5 14. Nxe5 Bxg2 15. Kxg2 Nxe5 16. Bxe5 Qc6+ 17. Qf3 Qxf3+ 18. Kxf3 { die schwarze Schwäche auf c5 wiegt etwas schwerer, als die weiße auf d3, die insbesondere vom König zuverlässig gedeckt werden kann.} Nd7 19. Bf4 { zu ehrgeizig. Der Läufer strebt auf das schöne Feld e3, wo er aktiver steht, als auf b2. Allerdings ermöglicht es dieser Zug dem Nachziehenden konkret zu agieren:} e5 20. Be3 f5 21. Ke2 f4 22. Bc1 {Diese Chance ließ sich mein Gegner nicht entgehen und das Blatt hat sich zu Gunsten von Schwarz gedreht. Seine strukturellen Schwächen werden durch seine Initiative mehr als aufgewogen.} f3+ {verlockend, aber zu verpflichtend. Gefährlicher war:} (22... Rad8 23. Bb2 Rf6) 23. Kd1 e4 24. dxe4 Nf6 25. Kc2 (25. e5 {sah mir nach} Ng4 { riskant aus. Aber der Computer zeigt, dass nach dem für mich überasschenden} 26. h3 Nxe5 27. Kc2 {Weiß die Lage unter Kontrolle hat.}) 25... Nxe4 26. Be3 Rae8 27. Rad1 {ein kritischer Moment. Schwarz muss aufgrund seiner verwundbaren Bauern auf c5 und f3 etwas "zeigen".} Bg5 {aufgrund eines für ihn sehr ärgerlichen "Rechenfehlers" greift mein Gegner in seinen Bemühungen auf Gewinn zu spielen fehl.} ({ich erwartete} 27... Rf5 {und plante darauf} 28. Rd5 Rxd5 29. cxd5 Nf6 30. Rd1 {und Weiß steht noch etwas angenehmer.}) ({ mein Gegner überlegte an} 27... h5 28. Rd5 h4 {um Druck auf g3 und e3 aufzubauen. Allerdings wäre das plumpe...} 29. gxh4 {darauf sehr stark gewesen.}) 28. Bxg5 Nxg5 29. Nxc5 Re2+ 30. Rd2 Rfe8 (30... Rd8 {diesen Angriff hatte mein Gegner bei 27. ... Lg5 im Sinn. Das Schlagen auf e2 verbietet sich, aber Weiß kann den Angriff durch...} 31. Rfd1 {abfedern.}) 31. Rfd1 {wie mir mein Gegner nach der Partie zeigte, verpasst dies den klaren Gewinn nach} (31. Nxa6 Rd8 32. Rxe2 fxe2 33. Re1 Nf3 34. Rxe2 Nd4+ 35. Kd2 Nxe2+ 36. Kxe2) 31... a5 32. h4 {zwingt den Schwarzen Springer zu einer unschönen Entscheidung.} Nh3 33. Nd3 Rxd2+ 34. Rxd2 Ng1 35. Nf4 Ne2 36. Nd5 Re5 37. Rd3 h6 (37... Nxg3 38. fxg3 Re2+ 39. Kd1 {und der weiße König stoppt den schwarzen f-Bauern höchst persönlich.}) 38. Kd2 Ng1 39. Re3 {Schwarz kann dem Turmtausch nicht ausweichen.} Rxe3 40. Kxe3 {Der weiße König verteidigt den Königsflügel und gibt dem Springer freie Hand am Damenflügel. Die Partie ist entschieden.} g5 41. hxg5 hxg5 42. Ne7+ Kf7 43. Nc6 Kf6 44. Nxa5 Kf5 45. Nc6 g4 46. Nxb4 Ne2 47. Nd3 Nc3 48. a4 Ne4 49. a5 Nd6 50. a6 Nc8 51. b4 {Diesen Sieg verdanke ich vermutlich mehr den ambitionierten Gewinnversuchen meines Gegners, als meiner eigenen Spielweise. Trotzdem bin ich froh, dass ich meine Chance nutzen konnte und nach meiner bitteren Niederlage beim 4-4 gegen König Tegel bei dieser Punkteteilung gegen den HSK einen wertvollen Beitrag für meine Mannschaft leisten konnte.} 1-0

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